Friedrich Brockmann

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Briefwechsel:

Friedrich Brockmann – Parvaneh Azizi

Originaltexte

Liebe Parvaneh,
vielen Dank für deinen Brief! Für den Blick in deine Gedanken, in deine Erinnerungen und dein Leben!
Auch ich kenne einen Schmerz, der mich mit meinem Geburtsland, Deutschland, verbindet. Ganz ungefragt wurde auch ich in ein Land geboren, das nicht mal ein halbes Jahrhundert vor meiner Geburt noch unvorstellbares Grauen in die Welt gebracht hat.  Nach der Befreiung der Konzentrationslager und dem Ende des zweiten Weltkrieges hieß es, dass so etwas nie wieder passieren dürfe und doch brannten in den Neunziger Jahren wieder Flüchtlingsheime, starben Migrant:innen und Geflüchtete durch die Hand von Deutschen – in Deutschland. Und nun? Dreißig Jahre später ist die AFD zweitstärkste Partei in den Umfragen zur Bundestagswahl und wieder suchen Menschen ihr Heil in einer menschenverachtenden und faschistoiden Gedankenwelt. Nicht einmal einhundert Jahre nach der Machtergreifung Hitlers, müssen wir uns also wieder erneut die Frage stellen, ob es perspektivisch in Deutschland zur erneuten Machtergreifung durch Nationalsozialisten kommt. Was das für dich und für mich bedeuten würde, darüber möchte ich nicht schreiben, zu dunkel sind die Gedanken, zu schlimm die Perspektiven. 

Wie gerne würde ich mich deiner hoffnungsvollen Sicht anschließen. Ebenso wie du, hoffe ich, dass es irgendwann möglich ist, dass alle Menschen in Frieden und Freiheit leben können. Leider zeigt mir die aktuelle politische Entwicklung weltweit, dass zwei Weltkriege und Millionen Tote nicht ausreichen, um in Frieden miteinander leben zu können und menschenverachtende und Menschen tötende Ideologien immer wieder eine Renaissance erleben.
Wie gerne würde ich mich deinem Ruf nach der Hilfe der freien Welt anschließen, dass sie das Unrecht auf dieser Welt zusammen mit dir und mir beendet, doch diese freie Welt wählt die AFD, wählt Trump, wählt Melonie, wählt Orban und lässt Flüchtende im Mittelmeer ertrinken, in der Sahara verdursten.
Wie gern würde ich, wie du, so hoffnungsvoll in die Zukunft schauen.
Wie gern hätte ich eine positive Perspektive.

Nun, da wir beide Rostocker:innen (geworden) sind, hoffe ich sehr, dass du hier deine Haare im Wind wehen lassen kannst – ganz so, wie es dir gefällt. Auch ich mag den Wind, am liebsten zusammen mit leichtem Nieselregeln und einem langen Spaziergang am Strand – ganz ohne, dass mir jemand begegnet.

Friedrich

Antwort an: Parvaneh Azizi